Zum Inhalt

The Beatles Go Baroque, the Baroque goes Beatles

Ist es ein wenig blasphemisch das Jahr 2020 nicht nur als das (allgegenwärtige) „Beethoven-Jahr“ zu bezeichnen, sondern auch als das „Beatles-Jahr“ zu bezeichnen? Immerhin: Es jährt sich nicht nur der 250. Geburtstag des Bonner Komponisten, sondern auch der 50. Jahrestag der Auflösung der Beatles (am 10. April 1970), kurz darauf erschien ihr letztes Album „Let it be“. Als die Beatles abtraten, hatten sie die populäre Musik revolutioniert. Speziell in den Jahren ab 1966 hatten die Fab Four, gemeinsam mit dem „fünften Beatle“, dem Produzenten George Martin, die Ausdrucksmöglichkeiten der Popmusik erweitert, zu einem, in dem sie immer wieder mit der aktuellsten Studiotechnik experimentierten, zum anderen, weil Produzent George Martin viele „klassische Elemente“ in die Musik einbrachte, man denke nur an das Streichquartett bei „Yesterday“ oder das berühmte Bachtrompeten-Solo in „Penny Lane“. Niemand geringeres als Leonard Bernstein nannte das Songwriter-Duo Lennon/McCartney „the Schuberts of our time“, die Schuberts unserer Zeit.

Als der slowakische Komponist, Arrangeur und Dirigent Peter Breiner 1993 sein erstes „Beatles Go Baroque“-Album auf Naxos (8.555010, 8.555010D) veröffentlichte, schloss sich in gewisser Weise ein Kreis, der in den 1960er Jahren mit den Klassik-Experimenten der Beatles begann. Breiner arrangierte bekannte Beatles-Melodien zu barocken Concerti grossi „im Stile Bachs, Corellis, Händels und Vivaldis“ um. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Bis zum heutigen Tag ist das Album ein Bestseller im Naxos-Katalog. Die Beatles-Melodien erweisen sich als ideale Themen für die barocke Klangwelt. Das ist „Light Classics“ im besten Sinne, die unsterbliche Melodien mit filigranen Barock-Arrangements verbindet. Das Ganze klingt stellenweise so natürlich, dass man sich nicht fragt, ob die Beatles nicht heimlich bei den barocken Meistern abgekupfert haben. Haben sie aber nicht.

26 Jahre später (!) folgt mit „Beatles Go Baroque, Vol. 2“ eine ausgeklügelte Weiterentwicklung des ursprünglichen Konzepts: Statt die Beatles-Melodien einfach in eine barocke Form zu bringen, verwob Peter Breiner bekannte Barockkonzerte, etwa Bachs zweites Brandenburgisches Konzert oder Teile der „Vier Jahreszeiten“ Vivaldis mit Songs von John, Paul, George und Ringo, ein waschechtes „Mashup“ würde die DJ-Szene das nennen. Das Verrückte: Das Konzept geht auf. Die Songs werden subtiler eingewoben, die Originalkonzerte bleiben erkennbar.

Bemerkenswert ist übrigens die künstlerische Qualität des Ensembles. Hier wird nichts gelangweilt von zweitklassigen Musikern heruntergedudelt, Breiners Arrangements erklingen engagiert und virtuos, präzise und rhythmisch betont, gleichzeitig atmend. Besonders der Violinist Dalibor Karvay empfiehlt sich durch sein Solospiel für weitere Aufgaben.

Ist das nun ein Album für Beatles-Fans oder für Barock-Enthusiasten? Die Antwort lautet natürlich: für beide, wenn sie ein gewisses Maß an Offenheit mitbringen, denn das was hier geboten ist, ist natürlich keine „reine Lehre“, sondern eher „Neo-Barock“ oder „postmoderne Beatles“. So gesehen ist es Musik für jedermann, die – wiederum im besten Sinne – allerfeinste, raffinierte Unterhaltungsmusik ist.

Beatles Go Baroque II

Beatles Go Baroque II

 

Beatles Go Baroque

Beatles Go Baroque II

Published inAlben vorgestellt

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.