Für mich ist Modest Petrowitsch Mussorgsky (1839–1881) der aufregendste und modernste russische Komponist des 19. Jahrhunderts. Leider zerstörte seine jahrelange schwere Alkoholabhängigkeit Stück für Stück sein überbordendes Talent. Vieles Geniale in seiner Musik blieb fragmentarisch, wurde nie zu Ende gedacht und oft genug von wohlmeinenden, aber eben andersdenkenden Komponistenfreunden (in erster Linie Nikolai Rimski-Korsakow) „zu Ende komponiert“ und „bereinigt“. Ich frage mich, welche Großtaten er noch vollbracht hätte, wäre er nicht verarmt und zunehmend durch die Alkoholsucht zerfallen. Oder spiegelt die Tragik seiner Vita sich in seiner Musik wider, sodass sie ohne dieses Unglück nicht entstanden wäre? Vielleicht passt das Fragmentarische, das ewig Unfertige seiner Musik, einfach nur gut in unsere postmodernen Zeiten.