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Schlagwort: Franz Schubert

Gilbert Schuchter: Franz Schubert – Das gesamte Klavierwerk

Die Klaviermusik Franz Schuberts ist, wie eigentlich das gesamte Œuvre des Wiener Komponisten, ebenso vielfältig wie fragmentarisch. Schubert hinterließ 21 Sonaten, davon sind nur zwölf vollendet, ferner Impromptus, Moments musicaux, Variationen, Ländler und Walzer, zahlreiche Miniaturen und Fantasien wie die bedeutende Wanderer-Fantasie. Schubert experimentierte in seiner Klaviermusik mit Formen und Stilmitteln, er brach mit Traditionen, erforschte sie gleichzeitig, er entwarf rasch Skizzen und hinterließ nur Fragmente, weil er längst zur nächsten Idee geeilt war. So kurz sein Leben war, so unruhig flackert auch sein Werk.

Arabella Quartet: In The Moment – Short Pieces for String Quartet

„In der Kürze liegt die Würze“ sagt das Sprichwort und meint den Redner, der sich besser kurzfasst, damit ihm das Publikum nicht einschläft. Was für den Redner (und hoffentlich nicht für den Blogger!) empfehlenswert ist, gilt üblicherweise nicht für das Streichquartett. Spätestens seit Haydn und erst recht seit Beethovens späten Quartetten haben Streichquartette geradezu symphonische Ausmaße angenommen. Kein Wunder, dass es immer wieder Versuche gab, das eine oder andere Werk zu orchestrieren und als Sinfonie (oder im Falle Schostakowitschs als Kammersinfonie) zu etablieren.

Dinu Lipatti Collection – 100th Anniversary Edition

Pianistischen Legenden begegne ich immer mit einer Mischung aus Respekt (vor dem Künstler und seinen unbestrittenen Verdiensten) und einer gewissen Skepsis. Denn allzu oft, so scheint mir, liegen musikalische Wahrheit und verklärende Dichtung weit auseinander. Die pianistischen Ikonen der Vergangenheit sind, nach heutigen technischen und interpretatorischen Maßstäben gemessen, oft auch nur „sehr gut“ und keine Götter. Sicher, sie waren allesamt ihrer Zeit voraus, aber ihre Überhöhung und Glorifizierung macht es den aktuellen Pianisten-Generationen schwer. Es ist fast so, wie bei der Fabel vom Hasen und dem Igel. Wo auch immer der junge Interpret sich auch hinwendet, scheint eine „Legende“ aufzuspringen und „Ich bin schon hier“ zu rufen. Adieu Standard-Repertoire.

Freilich: Es gibt Legenden der Vergangenheit, die, auch objektiv betrachtet, Einzigartiges geschaffen haben. Der Rumäne Dinu Lipatti (1917–1950) war (und ist) so eine Ausnahmeerscheinung. Abseits der Mythen (und Mystifizierung) des jungen, genialen, todkranken Pianisten, der die Musik der jungen, dem Tod geweihten Romantiker, wie Schumann und Chopin so einfühlsam wie kein Zweiter spielen konnte, war Lipatti nicht nur ein Jahrhunderttalent, sondern ein technisch bemerkenswert reifer, vollständiger Pianist. Seine Fähigkeiten als Dirigent und Komponist werden in nicht unerheblichen Maße dazu beigetragen haben, ihn unter den großen Pianisten des 20. Jahrhunderts hervorstechen zu lassen.