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George Onslows Streichquintette – ein unentdecktes Juwel französischer Kammermusik

Joseph Haydn, Luigi Boccherini, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert – wenn es um das Genre „Streichquartett“ bzw. „Streichquintett“ geht, dann sind sofort die Namen dieser vier Komponisten in aller Munde. George Onslow war bisher höchstens Kammermusikspezialisten ein Begriff, obwohl gerade seine Streichquartette und -quintette zu seinen Lebzeiten sehr beliebt waren und gerne aufgeführt wurden.

Was für ein glücklicher Umstand also, dass Naxos zusammen mit dem spanischen Elan Quintet das kammermusikalische Werk und insbesondere die Streichquintette von George Onslow wiederentdeckt hat und nun etappenweise in einer 16-teiligen Serie veröffentlicht.

Volume 1-4 sind bereits erschienen, der Reigen wird in den kommenden Jahren fortgesetzt, denn Onslows formschöne und melodiöse Streichquintette erweitern den gängigen Kammermusik-Kanon doch um zahlreiche Werke, die in Zukunft öfter gespielt und gehört werden wollen.

Dazu schrieb unter anderem Pizzicato, das online-Klassik-Fachmagazin, über die jüngst erschienenen Streichquintette Nr. 23 op. 58 (a-Moll) und Nr. 31 op. 75 (A-Dur), dass beide Werke „in den schnelleren Sätzen elegant schwung- und kraftvoll gestaltet [seien], während die langsameren Sätze phantasievoll und atmosphärisch dicht gespielt werden.“ Dem Elan Quintet attestiert pizzicato zudem „einen guten Sinn für Farbe, Lyrismus und klangliche Ausgewogenheit“ – also höchste Zeit, in das Album rein zu hören:

Aber wer war dieser André George Louis Onslow (1784-1853), wie er mit komplettem Namen hieß und was ist über ihn bekannt? Tatsächlich hatte Onslow das Glück, in eine adlige Familie hineingeboren zu sein (der Vater ein nach Frankreich emigrierter englischer Adliger, die französische Mutter ebenfalls von blaublütiger Herkunft) – was ihm neben einer umfassenden künstlerischen Ausbildung auch ein geregeltes Einkommen und die relative Unabhängigkeit vom Wohlwollen des Publikums und dessen Musikgeschmack bescherte. Er studierte in Hamburg bei dem damals berühmten Johann Ladislaus Dussek (1760-1812), in Paris bei Anton Reicha (der Haydn, Salieri und Beethoven zu seinen Freunden zählte) und nahm zudem in London Unterricht bei Johann Baptist Cramer (1771-1858), wo er erste Kompositionen schrieb und das Cellospiel lernte – motiviert durch sein Interesse an der Komposition und der eigenen Interpretation kammermusikalischer Werke.

Obwohl seine Passion der Kammermusik galt, schrieb Onslow – wohl wegen der größeren Publikumswirksamkeit – vier Opern (drei davon in der Opéra Comique uraufgeführt) und vier Sinfonien, mit denen er insbesondere in Deutschland viele Fans gewinnen konnte und die ihm in seiner Heimat Frankreich den Spitznamen „französischer Beethoven“ einbrachten. Er war Zeit seines Lebens in Musiker- und Künstlerkreisen als Interpret und Komponist hoch angesehen und folgte 1842 Luigi Cherubini als Direktor der Académie des Beaux-Arts in Paris nach.

George Onslows Herz schlug für das kammermusikalische Genre: Um die Wende zum 19. Jahrhundert hatte das Streichquartett eine regelrechte Hochkonjunktur. Dem zollte Onslow mit 36 Streichquartetten Tribut, die aus seiner Feder entstanden sind. Doch ähnlich wie Luigi Boccherini (der insgesamt über 130 Streichquintette schrieb) faszinierte ihn vor allem auch die Gattung des Streichquintetts und das Spiel mit den erweiterten Besetzungsmöglichkeiten, die diese bot. Insgesamt 34 Streichquintette sind von ihm überliefert, von denen eine Vielzahl zu seiner Zeit gerne aufgeführt wurde. Onslow ersetzte bei mehreren Streichquintetten das zweite Cello durch einen Kontrabass und erstellte für zahlreiche weitere seiner Quintette Ergänzungen, die eine größere Variabilität in der Besetzung ermöglichen sollten. Darüber hinaus erweiterte er mehrere seiner Streichquartette um einen weiteren Cello- bzw. einen Kontrabasspart, um die Grenzen beider Gattungen klanglich auszureizen. Auf dem ersten Album des Elan Quintets mit den Streichquintetten Nr. 20 und 26 sind diese in der Besetzung für Kontrabass zu hören:

Warum das kompositorische Schaffen von George Onslow nach seinem Tod so schnell in Vergessenheit geraten ist, darüber kann nur spekuliert werden. Insbesondere sein Spätwerk wurde wohl von Zeitgenossen als zu intellektuell empfunden – eventuell wurden deswegen seine Werke auch nicht mehr so häufig aufgeführt. Kurz nach seinem Tod gab es sogar eine Veröffentlichung aller seiner Streichquintette im Verlag Breitkopf & Härtel, daher können wir am Ende nur darüber munkeln, warum Onslows Werk so lange in Archiven vor sich hingeschlummert hat. Umso mehr freuen wir uns auf die vielen Alben mit spannenden Streichquintetten Onslows, die das Elan Quintet zusammen mit Naxos in den kommenden Jahren noch veröffentlichen wird!


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Published inGrenzüberschreitend

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