Warum gibt es eigentlich so wenige (und so wenig bekannte) Kompositionen für Violine und Cello? Diese Frage stellt man sich unweigerlich, wenn man sich das Album “Duo Sessions” der Münchener Violinistin Julia Fischer und des ebenfalls aus München stammenden Cellisten Daniel Müller-Schott anhört. Die vier Werke, die die beiden für das Album eingespielt haben, sind ein überzeugendes Plädoyer für den facettenreichen, wandlungsfähigen und ausdrucksstarken Dialog von Geige und Cello, aktuell erschienen bei Orfeo.
Das “Duo für Violine und Violoncello” op. 7 aus dem Jahre 1914 von Zoltán Kodály entpuppt sich in der Aufnahme der beiden Münchener als idealer Auftakt, um die Tugenden des Duos Fischer/Müller-Schott gleich von vorneweg darzustellen: Hier bewegt, verweilt, pulsiert, atmet und fließt alles im perfekten Einklang, elektrisiert von der geradezu atemberaubenden Dramatik und Dynamik einer Komposition, die Kodálys typische Klangfarben betont.
Erwin Schulhoffs “Duo für Violine und Violoncello” von 1925 ist nicht nur technisch äußerst anspruchsvoll (wie alle auf dem Album vorgestellten Stücke), sondern auch eine nachdrückliche Empfehlung, sich eingehender mit der Musik des tschechisch-jüdischen Komponisten zu beschäftigen, der 1942 in einem Internierungslager der Nazis an Tuberkulose starb. Die virtuose, emotional tiefgründige Deutung, die Julia Fischer und Daniel Müller-Schott vorlegen, wird der Originalität der Musik Schulhoffs in vollstem Umfang gerecht, geradezu “kongenial” ist man versucht zu schreiben, dies gilt aber freilich für alle vier Werke des Albums.
Maurice Ravels “Sonate für Violine und Violoncello” von 1922 stellt den dialogischen Charakter der beiden Instrumente in den Vordergrund. Die Sonate ist gespickt mit rhythmischen Sprüngen, Pizzicati und fragmentarisch zusammengefügten Sequenzen, die von den beiden Musikern höchste Konzentration und blindes Verständnis verlangen. Auch hier glänzen die beiden mit perfektem Timing und einer genau aufeinander abgestimmten Klangsprache.
Quasi als Funken sprühende Zugabe verdichtet Johan Halvorsens quirlige “Passacaglia über ein Thema von Händel” (1894 veröffentlicht) noch einmal Fischers und Müller-Schotts spielerische Fähigkeiten. Violine und Cello vereinigen sich zu einem einzigen, polyphonen Klangkörper. Überhaupt fragt man sich immer wieder, ob man es wirklich mit zwei Instrumenten und zwei (äußerst profilierten) Solisten zu tun hat, so symbiotisch verschmelzen beim Duo Fischer/Müller-Schott die Instrumentenstimmen, so sehr harmonieren die beiden beim Bogenstrich, der Intonation und im Ansatz.
Julia Fischer und Daniel Müller-Schott belegen durch ihr engagiertes Spiel, dass man auch mit unbekanntem Repertoire ein Programm gestalten kann, das nicht nur für eine Handvoll Experten spannend ist, sondern alle Kammermusikfreunde anspricht. Die Virtuosität und das Niveau ihres Spiels miteinander sind mitreißend und erschließen dem Hörer neue, ungewohnte Musik, die unter anderen Umständen vermutlich unbeachtet bleiben würde.
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