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Schlagwort: Igor Strawinsky

Ralph van Raat: Igor Stravinsky – The Rite of Spring, arr. for solo piano by Vladimir Leyetchkiss · Claude Debussy – La Mer, arr. for solo piano by Lucien Garban

Kann man zwei der beeindruckendsten und wuchtigsten Orchesterwerke des 20. Jahrhunderts – Debussys „La Mer“ und Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ – aufs Klavier übertragen? Sicher nicht, oder doch? Beide Werke gehören zu den einflussreichsten Kompositionen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (und nicht nur der ersten Hälfte). Die eine, „La Mer“, begründete mit improvisatorisch anmutenden Klangflächen Debussys impressionistischen Stil, die andere, „Le Sacre“, gilt als „Urknall der Moderne“ und ersetzt die romantische Klangästhetik mit der Polyrhythmik und der „nackten“, ungeschönten Darstellung des „Stile barbaro“. Beide lösen die traditionelle Harmonik auf, wenn auch mit unterschiedlichen Ergebnissen. Entscheidend ist der Orchesterapparat: In Debussys Klangwelt ist die Instrumentierung von prägendem Charakter, in Strawinskys „Sacre“ wird das Orchester zum kraftvollen, vielstimmigen und geradezu ekstatischen Rhythmusinstrument. Wie sollte man so etwas auf das Klavier übertragen?

Royal Concertgebouw Orchestra, Daniele Gatti: Igor Stravinsky – Le Sacre du Printemps

Als am 29. Mai 1913 im neu erbauten Théâtre des Champs-Élysées in Paris das Ballett „Le Sacre du Printemps“ mit der Musik Igor Strawinkys uraufgeführt wurde, kam es zum (zumindest teilweise kalkulierten) berühmtesten Theaterskandal der Musikgeschichte. Das Gelächter, die Tumulte, die stürmische Entrüstung und jede Menge Pfiffe der Pariser Premiere konnten aber nicht dauerhaft verdecken, dass es sich um nichts weniger als den „Urknall der Musik des 20. Jahrhunderts“ handelte. Strawinskys Musik (und übrigens auch Nijinskys Choreografie) brach radikal mit den romantischen Vorstellungen des Publikums und läutete eine neue Ära ein.

Mojca Erdmann · Jukka-Pekka Saraste, WDR Sinfonieorchester: Igor Strawinsky – Le Rossignol

Eigentlich ist es schade, dass sich aus dem bemerkenswert heterogenen Œuvre Igor Strawinskys nur relativ wenige Werke dauerhaft auf den Bühnen durchsetzen konnten. Sicher, seine Ballettmusiken „Der Feuervogel“, „Petruschka“ und allen voran „Le sacre du printemps“ sind heute wohlbekannt, ebenso seine „Psalmensinfonie für Chor und Orchester“ und die „Symphony in C“ und einige andere Orchesterwerke. Seine Opern „Histoire du soldat“, „Oedipus Rex“ und „The Rake’s Progress“ werden auch immer wieder gegeben. Seine frühe Oper „Le Rossignol“ (zu Deutsch: „Die Nachtigall“) aus dem Jahre 1914 nach Motiven aus „Des Kaisers Nachtigall“ von Hans-Christian Andersen bleibt bis heute wenig beachtet.