Zum Inhalt

Im Wunderland der Oper. Ein Gespräch mit der Sopranistin Hila Fahima

Hila Fahima wurde in Israel geboren, sang bereits an der Deutschen Oper Berlin und war viele Jahre Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper. Ihr Debüt-Album erscheint im Juni 2021 beim Label Orfeo mit Arien von Donizetti und Verdi.

Mit Hila Fahima sprach Gerhard Persché.

Gerhard Persché: Der Komponist David Sebba hat die Titelrolle der Oper „Alice in Wonderland“, die 2010 in Tel Aviv uraufgeführt wurde, speziell für Sie geschrieben. Fühlen Sie sich insgesamt ein bisschen wie Alice in einem Opern-Wunderland?

Hila Fahima: David Sebba schrieb die Titelpartie in „Alice in Wonderland“ für mich, als ich gerade Einundzwanzig und auf meinen ersten Schritten in die Opernwelt war. Zu diesem Zeitpunkt geschah alles sehr schnell, und ich war überwältigt von der Schönheit dieser Welt, die ich für mich entdeckte. Dieses junge, begeisterte Mädchen lebt noch immer in mir; jedesmal, wenn der Vorhang sich öffnet, spüre ich diese funkelnde Magie erneut.

Gerhard Persché: Sie sind im Norden Israels – in Karmi’el – geboren und aufgewachsen, aber ihre Familie hat sehr unterschiedliche Wurzeln. Ihr Vater ist Franzose, seine Eltern kamen aus Marokko und Portugal. Die Vorfahren Ihrer Mutter wiederum stammen aus dem Jemen. Keines der Länder mit Ausnahme von Frankreich hat, wenn man das so sagen darf, eine ausgesprochene Operntradition. Wie kamen Sie zur Oper?

Hila Fahima: Musik ist eine internationale Sprache; ich glaube, dass man sich jeder Art von Musik sofort verbunden fühlen kann, selbst wenn man sie zum ersten Male hört. Auf jeden Fall brachte mich meine Liebe zur Musik dorthin, wo ich heute bin. In meiner Heimatstadt gab und gibt es kein Opernhaus, aber ich bin mit Musik erzogen worden, hatte stets die volle Unterstützung meiner Eltern. Und wunderbare Lehrer, die an mich glaubten. Als ich in Tel Aviv meinen ersten „Rigoletto“ erlebte, war ich Sechzehn; es war äußerst berührend – und ich wusste sofort, dass ich einmal die Gilda singen wollte.

Gerhard Persché: Sie mussten zu einem bestimmten Zeitpunkt, wie alle jungen Frauen in Israel, auch zum Militär. Hatten Sie da Ihr Gesangsstudium bereits abgeschlossen, oder konnten Sie es mit dem Wehrdienst koordinieren?

Hila Fahima: Während meines Militärdiensts sang ich in vielen offiziellen Events und lernte die verschiedensten Musikstile kennen. Gleichzeitig konnte ich meine Studien an der Hochschule für Musik und Tanz in Jerusalem weiterführen.

Gerhard Persché: Bald sangen Sie an der New Israeli Opera, unter anderem auch die eingangs erwähnte „Alice in Wonderland“. Aber beispielsweise auch viel Barockrepertoire.

Hila Fahima: Die Israeli Opera war mein erstes Opernhaus und wird immer mein Heim bleiben. An diesem Haus habe ich viele Rollen zum ersten Mal ausprobiert, zum Beispiel auch die Königin der Nacht.

Gerhard Persché: Innerhalb der nächsten Jahre folgte dann das Engagement an die Deutsche Oper Berlin.

Hila Fahima: Ich nahm damals am Young Artist’s Program der Israeli Opera teil; wir arbeiteten mit vielen interessanten Dirigenten und Coaches. Darunter war auch eine wunderbare Repetitorin, die ansonsten an der Deutschen Oper Berlin tätig war. Sie fragte mich nach meinen Zukunftsplänen und riet mir, nach Berlin zu kommen, um mich für das Programm für junge Sänger der DO zu bewerben. Ich flog mit meiner Mutter hin, sang Gilda und die Königin der Nacht vor – und zog ein halbes Jahr später nach Berlin…

Gerhard Persché: Sie sagten einmal, Berlin hätte zunächst einen „Kulturschock“ bedeutet.

Hila Fahima: Berlin war ein sehr großer Schritt für eine gerade 22jährige aus einer kleinen Stadt im Norden Israels. Ich kannte die Sprache nicht, hatte keine Familie in Berlin; ich wusste freilich, dass für mich gerade ein Traum wahr wurde. Ich hatte auch noch nicht viel Bühnenerfahrung und ging vier bis fünfmal pro Woche in Opernaufführungen – es war wunderbar. Ich habe so viel gelernt damals – es war, als hätte ich meine wahre Seele gefunden.

Gerhard Persché: Danach folgte ein Engagement an die Wiener Staatsoper…

Hila Fahima: Wien war ein anderer Traum – nicht nur die Oper, sondern die Stadt an sich. Ich hatte Wien als 14jährige mit meiner Familie besucht, wir sahen auch den „Barbier von Sevilla“ an der Staatsoper. Vom ersten Augenblick an habe ich mich in die Schönheit der Stadt verliebt, in die Kultur – aber auch in das Essen. Nach zwei Jahren in Berlin bat ich meinen Agenten, ein Vorsingen in Wien für mich zu arrangieren, und es klappte.

Gerhard Persché: Haben Sie auch Ihren Mann in Wien kennen gelernt?

Hila Fahima: Wien brachte so viel Schönes – aber das Schönste davon ist zweifellos mein Mann. Er hat österreichische Wurzeln, ist Unternehmer und begleitet mich überallhin.

Gerhard Persché: Von wem empfingen Sie bislang die wichtigsten Impulse Ihrer künstlerischen Laufbahn?

Hila Fahima: Ich werde dem früheren Staatsoperndirektor Dominique Meyer stets dafür dankbar sein, dass er mir die Chance gab, viele unterschiedliche Partien auszuprobieren und mein Repertoire sorgsam aufzubauen. Aber auch Michael Ajzenstadt, der künstlerische Direktor der Israeli Opera, unterstützte und beriet mich stets mit seiner enormen Erfahrung. Ganz wichtig war für mich auch Sir David McVicar; ich glaube, er ist der beste Opernregisseur unserer Tage. Ich durfte mit ihm die Nannetta in Verdis „Falstaff“ erarbeiten, und auch die Dalinda in Händels „Ariodante“. Es waren wunderbare Arbeiten, die ich nie vergessen werde.

Gerhard Persché: Das Programm, das sie auf dieser CD präsentieren, ist eine schöne Mischung aus gut Bekanntem und Trouvaillen: Donizettis Lucia, Norina, Linda di Chamounix, Adina, Marie aus „La fille du régiment“, dazu Verdis Gilda mit „Caro nome“, aber auch Amalia aus dessen „I Masnadieri“- sowie Arien aus Donizettis wenig bekannten Opern „Rosmonda d’Inghilterra“ und „Emilia di Liverpool“. Besonders die Letztere ist beinahe eine Wiederentdeckung – haben Sie dies persönlich ausgewählt?

Hila Fahima: Ich hatte viele Partien auf meiner Liste für dieses Recital, bevor ich meine Entscheidung traf. Ich wusste, dass Gilda und Lucia unbedingt hineinmussten; die weniger bekannten Arien sind das Resultat meiner langen Beschäftigung mit Donizetti. Ich setze mich sehr gerne mit Neuem, Unbekanntem auseinander – es ist, was würde man ein neues Kleid tragen, dessen Schnitt und Farbe man selbst entworfen hat.

Die Aufnahme mit dem ORF Radiosinfonieorchester Wien war eine wunderbare Erfahrung, die ich nie vergessen werde. Ich kam während der Zeiten von Covid, als Theater schon so lange geschlossen waren und hörte den warmen Klang des Orchesters. Mir kamen die Tränen, weil ich dies so sehr vermisst hatte. Es war wie eine große Umarmung, wie ein „herzliches Willkommen“.

(Das komplette Interview finden Sie im Booklet zum Debüt-Album von Hila Fahima.)

Weitere Informationen zu Hila Fahima:

Webseite
Facebook-Kanal
Instagram-Kanal


naxosdirektHila Fahimas Debüt-Album bei uns im Shop auf NaxosDirekt.

Published inKurzinterview

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert