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Henning Kraggerud · Malmö Symphony Orchestra, Bjarte Engeset: Johan Halvorsen · Carl Nielsen – Violin Concertos / Johan Svendsen – Romance

Hand aufs Herz: Wie viele Leserinnen und Leser kennen die Violinkonzerte von Johann Halvorsen und von Carl Nielsen? Sicher, die Symphonien des Dänen Nielsen sind als herausragende Beispiele spätromantischer Symphonik bestens bekannt, aber ein Violinkonzert? Und der Norweger Halvorsen: Von ihm kennt man doch am ehesten die „Passacaglia für Violine und Viola über ein Thema von Händel“. Galt sein Violinkonzert nicht als verschollen?

Tatsächlich war das Violinkonzert von Johan Halvorsen (1864–1935) aus dem Jahre 1909 lange Zeit verschollen. Die finale Fassung des korrigierten Manuskripts wurde erst Ende 2015 in der Bibliothek der University of Toronto wiederentdeckt. Zuvor war man davon ausgegangen, dass es vom überkritischen Komponisten vernichtet worden war. Doch das Manuskript befand sich im Nachlass der Widmungsträgerin und Solistin der Erstaufführung Kathleen Parlow (1890–1963). Es gelangte über Bibliotheken in St. Petersburg und San Francisco, die zwischenzeitlich Parlows Nachlass verwalteten, zurück in ihre kanadische Heimat. Der norwegische Violinist (und Komponist) Henning Kraggerud hat die Partitur wieder spielfähig eingerichtet und präsentiert hier die Weltersteinspielung eines hochromantischen Konzerts, das durch eine wunderbare Fügung über 100 Jahre nach seinem Entstehen zu neuem Leben erwacht.

Carl Nielsen (1865–1931) war vor seinem Durchbruch als Komponist zweiter Violinist des Royal Danish Orchestra in Kopenhagen. Später übernahm er den Posten des Chefdirigenten. Beste Voraussetzung also für das Schreiben eines anspruchsvollen Konzerts, das sowohl virtuose Soloparts als auch mitreißende Orchesterpassagen enthält. Sein Violinkonzert op. 33 entstand 1911 zwischen seiner dritten Sinfonie und seiner zweiten Violinsonate und zeichnet sich durch einen pastoralen, volkstanzhaften Grundton aus. Den perfekten Schlusspunkt des Albums bietet die melodisch überaus einfallsreiche Romanze für Violine und Orchester in G-Dur, op. 26 des Norwegers Johan Svendsen (1840–1911).

Unterstützt vom exzellenten Malmö Sinfonieorchester unter der sicheren Leitung des erfahrenen Maestros Bjarte Engeset, gelingt dem Solisten Henning Kraggerud mit der vorliegenden Produktion ein veritabler musikalischer Coup. Nicht nur, weil die Kompositionen selten und/oder schlichtweg brillant sind, sondern auch weil sein Stil geradezu prädestiniert für das Material ist. Temperamentvoll und wendig, gleichzeitig lyrisch und elegant spielt der Violinist Kraggerud die beiden Konzerte und die sehnsuchtsvolle Romanze. Dabei erweisen sich sowohl die Werke, als auch Kraggeruds Spiel als angenehm klischeefrei und gleichzeitig authentisch romantisch. Von einem „unterkühlten Nordeuropäer“ kann hier wirklich nicht die Rede sein.

Halvorsen, Nielsen und Svendsen waren drei talentierte Violinisten, die später als bedeutende Dirigenten und Komponisten der nordischen Romantik im 20. Jahrhundert einige letzte Höhepunkte hinzufügten, auch und gerade im Repertoire für Violine und Orchester. Kraggerud, Engeset und dem Sinfonieorchester aus Malmö gelingt eine in allen Belangen idiomatische Aufnahme, die ein dringendes Plädoyer für die romantische Musik jenseits der ausgetretenen Pfade ist.

Ein abschließender Tipp: Der englischsprachige Podcast über das Album von Raymond Bisha auf der internationalen Naxos-Seite präsentiert zahlreiche Details zu den Werken und Aufnahmen und ist mit etlichen Klangbeispielen aus der Produktion versehen.

http://blog.naxos.com/2017/02/03/podcast-halvorsen-nielsen-svensen-kraggerud-scandinavian-violin-masters/

Published inAlben vorgestellt

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