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Neue Standards werden für das Klavier gesetzt: Die ‘Arthur Rubinstein Society’ und der internationale Klavierwettbewerb

“Man muß kein Klavierspieler, doch sollte man ein Musiker sein, den wir kennen und den wir respektieren, um als Juror Wettbewerbs eingeladen zu werden,” kommentiert Idith Zvi, als sie mich in ihr kleines Büro einläd, in dem es einen Klavierflügel gibt und das voller Porträts von Arthur Rubinstein ist.

Als künstlerische Leiterin der Gesellschaft leitet sie (nur mit der Hilfe eines sehr kleinen Mitarbeiterstabs) all die Bemühungen, die die ‘Arthur Rubinstein Society’ und den internationalen Klavierwettbewerb in Tel Aviv, Israel zu einer Arena für junge Pianisten gemacht haben. Für junge Pianisten, das heißt für die, die eine Herausforderung mögen, denn es hat sich herumgesprochen, dass dieser Wettbewerb einer der schwierigen ist.

Gemäss der Brochüre war es das Ziel von dem Gründer und ehemaligen Geschäftsführer Jan Jacob Bistritzky “eine Verbindung des künstlerischen Vermächtnisses von Arthur Rubinstein und dem israelischen Kulturleben zu schaffen.”

Bistritzky, der 1971 aus Polen auswanderte, brachte seine professionelle Expertise mit. In Warschau hatte er bereits das weltberühmte Frederyk Chopin Institut geleitet und den Chopin Klavierwettbewerb. Hier war es auch, dass er den legenären Pianisten Arthur Rubinstein kennenlernte, den er mit der Aufgabe bedachte, bei dem alle drei Jahre stattfindenden Wettbewerb in Israel den Vorsitz zu haben. Rubinstein hatte die Stelle des Jury-Vorsitzenden im Antrittsjahr 1974 und dann wieder im Jahre 1977 inne.

Von Beginn an war die Jury ausgewählt, um sich durch internationlen Anklang rühmen und den höchsten künstlerischen Erwartungen entsprechen zu können. Mitglieder aus der Riege höchstrangiger Darbietungskünstler und ihrer Lehrer nahmen die Einladung  an, was die Veranstaltung zu einem VIP-Ereignis  der klassischen Musikwelt machte, an dem der der rote Teppich ausgerollt wurde. Vielleicht war es der italienische Virtuoso Arturo Benedetti Michelangeli, der als Mitglied der Jury von 1974 dazu beitrug, sich für Emanuel Ax als dem ersten Preisträger des allerersten Wettbewerbs zu entscheiden. Vielleicht war es der in Israel geborene Yoheved Kaplinsky, derzeitiger Direktor der Klavierfakultät an der Julliard School, der bei der zehnten Runde des Wettbewerbs im Jahre 2001 das Votum zu Gunsten von Kirill Gerstein ausfallen ließ.

Das dem Wettbewerb zugrundeliegende Prinzip ist einfach: 13 Juroren habe während jeder Wettbewerbsstufe eine einfache Stimme, wenn sie die Kandidaten für die nächste Runde nominieren. Während der ersten Runde geben alle akzeptierten Wettbewerbsteilnehmer ein 40-50-minütiges Klavierkonzert vor einem Publikum.

Die Jury entscheidet, welche 16 Wettbewerbsteilnehmer an der nächsten Runde teilnehmen. In der ersten und zweiten Runde können die Auftretenden ihr Repertoire selbst auswählen, solange es ein klassisches sowie ein romantisches Werk ist wie auch eine Auswahl israelischer Werke beinhaltet. In der zweiten Runde wählt die Jury die 6 Finalisten aus, die dann in Runde drei entsprechend ihres Ranges plaziert werden. Das Repertoire umfaßt ein Kammermusikquintett einer vorgegebenen Liste wie auch zwei Klavierkonzerte, wobei es sich wiederum ein Werk aus der klassischen Periode und um anderes romantisches Werk oder aber ein spezifisch genanntes Werk aus dem zwanzigsten Jahrhundert handelt. Die sechs Gewinner erhalten den ersten Preis im Werte von $25,000, den zweiten Preis in Höhe von $15,000, den dritten Preis in Höhe von $10,000 und den 4. – 6. Preis im Werte von je 3000. Die Gold-, Silber- und Bronze Medaille des Wettbewerbs für den ersten, zweiten und dritten Platz sind von Pablo Picasso entworfen worden und haben als Inspiration des Wettbewerbs ein Porträt von Arthur Rubinstein. Sie sind auch mit Eingravierungen einer originalgetreuen Kopie von Picassos Unterschrift wie auch einem Emblem des israelischen Staates versehen, welches von der israelischen Regierung in Münzen geprägt wurde.

Herausragende Persönlichkeiten der Klavierwelt, wie Martha Argerich und Leon Fleisher, erschienen auf der Liste ehrenwerter Juroren, wie auch Lev Naumov und Karl Heinz Kämmerling, um nur wenige zu nennen. Der bekannte israelische Pianist, Komponist und Lehrer Prof. Arie Vardi ist seit 1977 viele Male bei der Jury dabei gewesen und fungiert derzeit als der Musikberater und Vorsitzende der Jury. Es war Arie Vardie, der für die Gesellschaft nach Idith Zvis vielen Führungseigenschaften suchte. Als Pianistin, die ihre Ausbildung in Israel und den Vereinigten Staaten absolvierte, hat sie sich oft neu erfunden, über die verschiedenen Stationen ihrer Karriere hinweg, von auftretender Künstlerin, Produzentin und Festivalgründerin, um schließlich den Keis ihrer Tätigkeiten als künstlerische Leiterin des Festivals zu schließen. Ihr Leben hat sich immer um Musik gedreht und der energiegeladene  Einfluss hat in diesem Prozess die israelische Kulturlandschaft verändert.

Als talentierte Klavierstudentin absolvierte Zvi das Konservatorium im Alter von elf Jahren. Bevor sie den obligatorischen Dienst bei der israelischen Armee antrat, hatte sie zuerst bei Naima Rosh, einer Schülerin von Ilona Vincze studiert und war dann zu Ilona Vincze selbst gewechselt. Als sie für die Radiostation der Armee arbeitete, fand Zvi aufgeregt  ein total neues Ventil, was ihr erlaubte, auf kreative Art und Weise sich mit Musik auseinanderzusetzen, ohne am Klavier zu sitzen und in Einamkeit üben zu müssen.

Sie erhielt allerdings  ihr Künstlerdiplom von der ‘Tel Aviv Academy of Music‘ und als sie in der Meisterklasse, die von Leonard Rose zusammen mit dem Geiger Isaac Stern und dem Pianisten Eugene Istomin gegeben wurde, einen Schüler-Cellisten begleitete, überzeugte sie Rose, ihre Musikstudien in den Vereinigten Staaten fortzusetzen. Sie spielte bei Jerome Loventhal vor, dem langjährigen  Mitglied der Juilliard Fakultät und einem Auftrittskünstler, der zu dieser Zeit mit dem Israel Philharmonic Orchestra in Tel Aviv auftrat. Er nahm sie als Privatstudentin in New York auf. Im Hauptfach Kommunikationswissenschaften an der in Philadelphia beheimateten Temple University eingeschrieben, pendelte sie jede Woche für ihre Klavierstunden nach New York.

Im Sommer 1968 besuchte sie das Marlboro Festival. Ein Sommer, an den sie sich immer als den Höhepunkt der Jahre erinnern wird, in denen sie zur Musikerin wurde. Zvi erzählt von ihren angenehmen Erinnerungen an die ein Leben lang anhaltenden Freundschaften, die sie knüpfte, insbesondere von der zu Richard Goode, der ihr empfahl, ganz nach New York zu ziehen. Sie folgte seinem Rat und setzte ihr Postgraduiertenstudium am Mannes College mit Claude Frank fort. “Schüchtern und unsicher kam ich in New York an und wußte nicht, was ich zu erwarten hatte und fand mich in Zentrum der klassischen Musikszene wieder,” erinnert sich Zvi.

Die Pianisten Samuel Sanders und Murray Perahia sowie der Violinist Alexander Schneider befanden sich in ihrem Freundeskreis. Sie ging  mit dem Violinist Yuval Waldman auf Tournee. Und dann verstarb ihr Vater in Israel und sie kehrte zurück nach Hause. Als einziges Kind spürte sie, dass ihr Platz hier – nahe ihrer Mutter – sei und sie begann, ihren Lebensunterhalt als Klavierlehrerin zu bestreiten. Als Ersatz für einen Radioproduzenten begann ihre zweite Karriere als Radioproduzentin für IBA, der israelischen Rundfunkanstalt, als sie im Nationalen Radio für eine klassische Musikstation arbeitete.

Indem sie ihre Leidenschaft für klassische Musik mit ihrer Begabung als Rundfunkproduzentin, Autorin und Redakteurin verband, gab Edith Zvi Anstoß zu ‘Live’- Übertragungen von Konzeraufführungen, Die jährlichen Feiern des ‘Israel Philharmonic Orchestra’ wurde zur Feier des öffentlichen Radios und Zvis Sendung zum Rubinstein Wettbewerb im Jahre 1977 brachte dem begehrten Ereignis der klassichen Musikwelt die notwendige Publizität und richtete die öffentliche Aufmerksamkeit auf Israels wichtige Rolle auf der Landkarte internationaler Wettbewerbe.

Zvis Rundfunkübertragungen spiegelten den festlichen Rahmen und die Feierlichkeiten des IPO und des Internationalen Wettbewerbs wieder und machten die Ereignisse populär und verschafften dem Radio ebenfalls eine vergrößerte Zuhörerschaft.

Der enorme Erfolg des Unabhängigkeitstagsübertragungen, an der Hunderte von Kindern in der Lobby vom ‘Tel Aviv Art Museum’ Musik darboten, inspirierte Zvi ihr eigenes Kammermusikfestival ins Leben zu rufen; es war zu dieser Zeit das erste in Israel. Obwohl sie als lebendiges and unternehmerisches Energiebündel das Projekt viele Jahre aufschob, gründete sie im Jahre 1985 im Kibbuz K’far Blum die Kammermusiktage Oberes Galiläa und blieb zehn Jahre als deren künstlerische Leiterin.

Die ‘Live’-Projekte der Festivalradioproduktionen wurden eine große Kooperation “Kol ha musica ha camerit” zwischen der Ausbildungsabteilung und dem Rat der Region Oberes Galiläa und dem öffentlichen Radio. Zvi beschreibt es als sehr große Verantwortung: “Ich war eine ‘Eine-Frau-Show’. Ich war Produzentin, Direktorin und auftretende Künstlerin und obwohl es einen sehr befriedigende Arbeit war, war es Zeit etwas Neues zu machen.”

Von 1995 bis 2000 diente sie als Direktorin des ‘Israel Chamber Orchestra,’ welches sein zuhause am Tel Aviv Museum gefunden hatte. Die Gruppe von 35 Musikern hatte sich gerade von ihrem Musikdirektor Shlomo Mintz getrennt und befand sich in einer schrecklichen finanziellen Lage. Schließlich  mußte Zvi erkennen, dass sie nicht wirklich “mit Musik sondern mit den Budgets zu tun hatte.” Im gleichen Jahr, im Jahre 2000 kehrte sie zum Radio zurück und wurde als stellvertretende Geschäftsführerin Mitglied der Rubinstein Society. Und dann ohne wirklich die Stellenbeschreibung zu ändern, wurde sie im Jahre 2003 zur künstlerischen Leiterin.

Den Wettbwerb lebhaft und erfolgreich zu machen ist viel Arbeit. Wir beginnen nach dem Ende eines Wettbewerbs, wir treffen eine Beurteilung, was und was nicht lief and fangen damit an, den Nächsten vorzubereiten. Termine zu planen erfordert ein hohes Maß an Kooperation mit dem Orchester. In diesem Fall handelt es sich hauptsächlich um die ‘Philharmonic’ und die Halle. Wir produzieren die ‘Life’-Auftritte aus den Einnahmen des Eintrittskartenverkaufs, was für den Künstler einen künstlerisch relevanten Rahmen absteckt. Obwohl es sich um einen Wettbewerb handelt, was ja immer in vielerlei  Hinsicht eine Herausforderung darstellt, gibt es ebenfalls ein Konzert mit einem wirklichen Publikum, das anwesend ist, eine wirkliche Konzerterfahrung. Die Juroren müsen eingeladen und ausgewählt werden. Wir bevorzugen einen Mix aus Juroren – Neuen und Juroren, die zu uns zurückkommen,” erläutert Zvi.

Auf die ewig schwere Frage wie es möglich ist, einen “Gewinner” zu ermitteln, wenn an sich, ihrem Wesen nach “nicht-meßbare” künstlerische Qualitäten dennoch gemessen werden, entgegnet Zvi: “Die Juroren debattieren nicht miteinander. Sie nennen einfach ihre Wahl. Der Mix an Juroren hilft dabei, zu einem objektiveren Ergebnis zu gelangen und faire Bedingungen zu schaffen. Juroren dürfen nicht ihre eigenen derzeitigen Studenten beim Wettbewerb anmelden. Natürlich hat jeder Juror seinen eigenen persönlichen Geschmack was die Vorlieben hinsichtlich der Musikinterpretation angeht. Aber es gibt auch etwas generall gültiges bezüglich einen bestimmten Qualitätsniveaus in den Wettbewerben.”

Sie fährt fort, “Ich perönlich habe keine Stimme. Ich weiß es einfach aus meiner eigenen Erfahrung, dass es eine wirklich herausfordernde Erfahrung sein kann und das Niveau ständig ansteigt. Bei extrem fortgeschrittener Aufnahmetechnik muss der Auftrittskünstler auch das Niveau der Live Darbietung anheben. Und viele von ihnen sind gerade daran gewöhnt. Viele Wettbewerbsteilnehmer reisen von einem Wettbewerb zum anderen.  Ich persönlich würde mich nicht für genug für Wettbewerbe eignen, Mißerfolge zu ertragen ohne Schaden zu nehmen. Ich bewundere den ernormen Antrieb und ich weiß, wie hart das ist. Manchmal möchte ich sie einfach nur umarmen, wenn sie an Selbstzweifel und unter Verweiflung leiden. Aber es ist das wenigste, was ich für sie machen kann, dass sie sich wohlfühlen. Wir haben viele Gastfamilien, die sie von dem Moment, an dem sie in Israel ankommen, begleiten können und ihnen zur Verfügung stehen. Sie werden während der Zeitdauer des drei Wochen anhaltenden Wettbewerbs in einem Hotel untergebracht, in dem es in jedem Raum ein Piano gibt, und ihre Flüge werden mit einem Betrag von 500 Dollar unterstützt.”

Am Ende geht es um die Möglichkeit der Konzerterfahrung und natürlich um den Preis selbst. Die Markenkennzeichnung als nächster “Gewinner” mag noch nicht einen Karrierdurchbruch als solchen garantieren, aber es handelt sich sicherlich um einen großartigen Einstieg .

Während das Wettbewerbsprogramm in jedem Jahr das gleiche ist und nur im Programmbereich israelischer Komponisten sich etwas ändert, variiert jedes Mal das Eröffnungskonzert, das von den Gewinnern des vorherigen Wettbewerbs bestritten wird und dem die Auswahl des künstlerischem Direktors zu Grunde liegt. Für das Eröffnnungskonzert im diesjährigen Wettbewerb, das mit ‘Israel Camerata Jerusalem’ am 10. Mai 2011 ausgetragen wird, hat Edith Zvi mein Lieblingsstück ausgewählt, das Schumann Klavierkonzert in a-Moll, wie auch das Mozart Klavierkonzert A–dur KV488 und das Schostakowitsch Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester. Das Konzert wird von den Gewinnern von 2008 Roman Rabinovitch (Israel) und Chin Yun Hu (Taiwan), die beide sich den zweiten Preis teilten, und von Khatia Buniatishvili (Georgia) aufgeführt werden.

In diesem Jahr hat der Pianist Yefim Bronfman zugesagt, dass er sich seinen ehemaligen Lehrer Arie Vardi als Juror hinzugesellen wird. Zu schade, dass Alfred Brendel, der als besonderer Ehrengast teinehmen sollte, aus Gesundheitsgründen absagen mußte.

Ich nahm am Wettbewerb des lezten Jahres Teil und kann diesen als eine aufregende Herausforderung selbst für ein Mitglied des Publikums empfehlen. Man mag den nächsten Rubinstein aufreten sehen.

Der diesjährige Wettbewerb wird vom 10. bis 26. Mai 2011 stattfinden. Für weitere detaillierte Informationen, siehe http://www.arims.org.il.

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